Lothar Eißmann
Die Erde hat Gedächtnis
50 Millionen Jahre mitteleuropäische Erd- und Klimageschichte
Bestell-Nr 76-91
ISBN 978-3-930076-91-8
erschienen 01.03.2008
Auflage 2. Auflage 2008
Einbandart Gebundene Ausgabe
Maße 24.5 x 28 x 2 cm
Umfang 160 Seiten
Abbildungen 157 Fotografien und 26 farbige Karten und geologische Schnitte
Gewicht 1230 g
Preis 39,80
Lieferstatus   Lieferbar
Dies ist ein Buch der Anschauung zur Erdneuzeit Mitteleuropas in Bilddokumenten – Augenblicksaufnahmen, als solche einmalig, nicht wiederholbar. Jeder Blick in die Erde erfasst nur einen Moment in ihrer viereinhalb Milliarden Jahre langen Geschichte. Ein Moment nur ist auch der heutige Zustand der Erdoberfläche und ihrer »Fenster« in Zeit und Raum, ihrer natürlichen wie bergbaulichen Aufschlüsse. Und ein Moment nur währt jede freigelegte Schichtenfolge, jede wahrgenommene Struktur, wie alles in der Schöpfung ist sie sowohl Typus wie Individuum, damit einzigartig, und zerstört, für immer ausgelöscht.

Was man bis 1900 allenfalls ahnte, wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts durch einen Bohrboom und eine bergbauliche Aufschlusstätigkeit ohnegleichen zur Gewissheit: Das Norddeutsche Tiefland, insbesondere sein braunkohleführendes Randgebiet zwischen Harz und Neiße, bildet ein großes Zeit-, Prozess- und Klimaarchiv der Erdneuzeit. Vielfach auf kleinem Raum von nur wenigen hundert Quadratkilometern Ausdehnung spiegeln sich nahezu alle wesentlichen erdhistorischen Phänomene des Epikontinentalbereichs von den britischen Inseln bis zum Ural. Geboren in einer Zeit der tiefsten und sich wohl nie wiederholenden Einblicke in die zu Stein gewordene Geschichte der letzten 50 Millionen Jahre, in der sich das heutige Gesicht der Erde, Tier- und Pflanzenwelt herausbildete, der Mensch in Europa Fuß fasste und zu einem landschaftsverändernden Wesen aufstieg, einem »geologischen Faktor«, ist dies ein Buch für ein Jahrhundert, kein Werk, das morgen überholt ist. Sein Zeitpunkt ist günstig. Die Kulmination des exzesshaften, aus der Not der Zeit geborenen Eingriffs in die mitteldeutsche Landschaft ist überschritten. Stürmisch gewinnt vor unser aller Augen das Bild der Neugestaltung nach dem bis zur Mitte unseres Jahrhunderts auslaufenden Braunkohlenbergbau lebendige Anschauung. Der Wert der »Neuen mitteldeutschen Erde« hängt dieses Mal nicht von der Arbeit der Flüsse, des Windes, des Inlandeises und des Meeres ab, sondern obenan von der Phantasie und Gestaltungskraft des Menschen.

Die erste Auflage unseres »Erdgedächtnisses« verstand sich nach 40 Jahren restriktiver Publikationstätigkeit auf dem Gebiet der Geologie und des Bergbaues als Ort der Anschauung und als Bergestätte der wichtigsten nach dem Zweiten Weltkrieg in privaten Archiven entstandenen unersetzlichen Bilddokumente. In der Neuauflage nun wird über die bloße Anschauung ausgewählter Phänomene der mitteldeutschen Erde zu ihrer Verknüpfung in Zeit und Raum durch graphische Darstellungen fortgeschritten. Karten und geologische Schnitte sind noch immer die besten Datenträger, vermögen oft auf einen Blick ganze jahrtausend-, ja jahrmillionenlange Abläufe in der Terra regionis Lipsiensis sichtbar zu machen. Die große Sedimentfolge mit ihren Fluss-, Meeres-, Seen-, Inlandeisablagerungen und den Fundpunkten von Pflanzen und Tieren, die Karten des Landschaftswechsels in der Eiszeit, das Vibrieren des Planeten in Vergangenheit und Gegenwart, der in der hinterlassenen Zeugenschaft fixierte Pulsschlag der Erde sind nirgends so gut in Europa dokumentiert ist wie in Mitteldeutschland. Und so sei das Leitmotiv dieser Neuauflage: vom Anschauen zur Gewissheit.

Autorenbiographie

Prof. Dr. Lothar Eißmann war einer der bedeutendsten mitteldeutschen Geologen. Er hat über alle erdgeschichtlichen Epochen gearbeitet, sein besonderes Augenmerk gilt jedoch den Prozessen und Strukturen, die das heutige Landschaftsbild formen oder zumindest beeinflussen, nämlich dem Tertiär und dem quartären Eiszeitalter. Geboren wurde Prof. Lothar Eißmann am 8. September 1932 im erzgebirgischen Hartmannsdorf. Die Prägung durch die erzgebirgische Heimat führte ihn 1951 dazu, Geologie an der Universität Greifswald zu studieren und diesen Studiengang 1955 als Diplom-Geologe abzuschließen. Von 1956 bis 1981 wirkte Lothar Eißmann in der Außenstelle Leipzig des Geologischen Dienstes Freiberg und seiner Nachfolgeeinrichtungen, zuerst als Objektgeologe, später seit 1959 als Arbeitsstellenleiter. 1963 folgte seine Promotion an der Universität Greifswald, 1969 die Habilitation an der Universität Halle-Wittenberg, beides zu quartärgeologischen Themen. 1981 fand er Anstellung als Kustos der Geologisch-Paläontologischen Sammlung der Universität Leipzig, wurde 1991 Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig und 1992 zum Professor für Geologie an der Universität Leipzig berufen. Seine fachliche und persönliche Wertschätzung wird in der Verleihung der jeweilig höchsten Anerkennungen verschiedener geowissenschaftlicher Gesellschaften deutlich, so der Albrecht-Penck-Medaille (1990) der Deutschen Quartärvereinigung, der Stille-Medaille (2000) der Deutschen Geologischen Gesellschaft und der Serge-von-Bubnoff-Medaille (2003) der Deutschen Gesellschaft für Geowissenschaften.

Lothar Eißmanns wissenschaftliches Lebenswerk hat ihn zu einem der letzten Regionalgeologen »klassischer Schule« Mitteldeutschlands erhoben. Seine Grundlagenarbeiten zu Flussgeschichte, Stratigraphie, Klimaverlauf des Känozoikums und quartären Vereisungen, zu Subrosion, Diapirismus, sowie zur Wissenschaftshistorie von Eiszeittheorie bis Landeskartierung haben die mitteldeutsche Region als Modellregion für die Landschaftsentwicklung der letzten 50 Millionen Jahre international bekannt gemacht. Neben 150 Publikationen, von denen viele im Mauritianum Altenburg erschienen, sind vor allem Lothar Eißmanns im Sax-Verlag erschienenen Bücher zum jüngsten Landschaftswandel Mitteldeutschlands präsent. 2019, im Alter von 86 Jahren, hat Lothar Eißmann nach einem erfüllten Leben für immer seine Augen geschlossen.