Dieser zweite Band der Buchreihe, die sächsische Reformpädagogen wiederentdeckt, die in den Diktaturen des 20. Jahrhunderts ausgegrenzt und in den Demokratien vergessen wurden, ist der Versuch einer Näherung an die Lebensgeschichte eines faszinierenden Mannes, für den das leidenschaftliche Engagement gegen chemische Massenvernichtungswaffen als religiöser Sozialist im Internationalen Versöhnungsbund und die zeitgemäße Verwirklichung der Reformpädagogik Hugo Gaudigs stets eine Einheit bildeten: Waldus Nestler. Seine pazifistische Einstellung und seine Aktivitäten zur Völkerversöhnung waren Grund für die Nazis, ihn zu maßregeln. Seine Schulreformbestrebungen an der Gaudigschule sollten seit Mai 1945 durch Resultate überzeugen, nicht durch ideologische Propaganda. Im Zuge der Reformpädagogik-Ausgrenzung seit 1948 sah er sich jedoch bald als Verfechter einer »reaktionären Pädagogik« diffamiert und neuerlich ausgegrenzt. Das Schicksal Waldus Nestlers steht exemplarisch für eine sich schnell durchsetzende Reformpädagogik-Feindlichkeit und für eine sich verschärfende Abwehr des Pazifismus in der rasch stalinisierten SBZ/DDR. Die doppelte Verfolgung durch zwei Diktaturen macht die Biografie Waldus Nestlers zu einem eindrucksvollen Beispiel für ein Leben im Widerstand gegen Ideologie und Unrecht.