Martin Mutschmann und Manfred von Killinger – das sind zwei Wege zur NSDAP in einer vom Ersten Weltkrieg tief geprägten Zeit, in Frontstellung gegen den Weimarer Staat und Parlamentarismus. Der eine, aus dem thüringischen Hirschberg stammend, wird Plauener Spitzenfabrikant, Soldat an der Westfront, Mitglied des Deutschen Schutz- und Trutz-Bundes, dann der NSDAP, schließlich Gauleiter und Reichsstatthalter in Sachsen. Der andere, im landwirtschaftlichen Freigut Lindigt bei Nossen groß geworden, wird Seekadett und Kommandeur eines Torpedobootes, stößt zur Brigade Ehrhardt, wechselt vom 1927 verbotenen Wikingbund zur NSDAP, wird SA-Führer und 1933 Ministerpräsident im Freistaat Sachsen. Beider Kampf um die Vorrangstellung im Land begleitet den Aufstieg der NSDAP, die »Machtergreifung« und die Etablierung nationalsozialistischer Herrschaft 1933/35 im Freistaat. Unter Reichskommissar von Killinger vollziehen sich in Sachsen Rücktritt der konservativ-nationalen Regierung Schieck, »Zähmung der nationalsozialistischen Revolution«, »Gleichschaltung« und »Säuberung« der Verwaltung – zunächst als »geordnete Befriedung« gegenüber der von Mutschmann erträumten »kleinen Bartholomäus-Nacht«. Doch am 5. Mai 1933 wird Martin Mutschmann von Hitler zur Reichsstatthalter Sachsens berufen, und der alte Konflikt droht sich als ein »Doppelstaat« zu institutionalisieren. Erst die »Röhm-Krise« entscheidet dann 1934/35 den Dualismus an der Spitze des sächsischen Freistaates.