Humorvoll über die Sprachschnitzer anderer zu meditieren, hat so mancher Autor versucht und damit, wie die Erfolge zeigen, eine Marktlücke getroffen. Das Buch »Sprachbilder und Sprechblasen« knüpft nicht einfach an solche Versuche an. Es stammt von einem aus der schreibenden Zunft, der in über 60 Berufsjahren nicht nur alle journalistischen Genres von Kurznachricht und Kommentar über Glosse und Reportage bis zum Essay, sondern auch alle dabei möglichen Fehler und Irrtümer selbst kennengelernt hat. Kritisiert er lächelnd Sprachunsitten, dann schwingt immer ein Hauch von Selbstkritik mit.
Die ehrliche, aber nicht blinde Liebe zur Muttersprache ist der rote Faden durch drei ganz unterschiedliche Teile des Buches. In den ersten fünf Kapiteln wird vorwiegend erzählt und mit vielen Exempeln aus dem täglichen Leben und Lesen reflektiert. Beispielsweise über die Geheimnisse der Stilebenen und die Gefahren beim Umgang mit ihnen, mit bildhaften Redewendungen und Fremdwörtern. Oder über die wundersamen Wechselbeziehungen zwischen der deutschen Sprache und Jiddisch, gegen die am Ende selbst der Antisemitismus nicht ankam. Aber auch über Geschichte im Spiegel von Liedtexten und über Sinn und Unsinn religiöser Phrasen in unserer Umgangssprache.
Der zweite Teil, das umfangreiche Kapitel sechs, ist leichtere Kost: eine Sammlung von 20 kurzen Sprachglossen zu Denglisch, Wortbombast, Schludrigkeit und weiteren Sündenfällen, denen man jeden Tag nicht zuletzt in den Medien, in der Politik und in der Werbung begegnet. Augenzwinkernd werden dabei Mode gewordene, oft fremdsprachige Begriffe und Bezeichnungen »erklärt«, die viele benutzen, ohne Herkunft und Bedeutung wirklich zu kennen.
Im dritten Teil ist das Vergnügliche mit tiefem Nachdenken verbunden. Da werden überwiegend witzige stilistische Leckerbissen von vier Schriftstellern vorgestellt, die der Autor besonders ins Herz geschlossen hat, weil er ihnen viel verdankt und weil sie in ihrem Werk der deutschen Sprache auch nach der Vertreibung aus der Heimat und im Exil treu geblieben sind.
Inhaltsverzeichnis Als PDF herunterladenLeseprobe Als PDF herunterladen Autorenbiographie
Ralf Bachmann wurde am 29. Dezember 1929 in der sächsischen Industriestadt Crimmitschau geboren, wuchs unter ärmlichen und schwierigen Verhältnissen in Crimmitschau, Leipzig und Grimma auf. Sein Beruf als Journalist führte ihn schon 1953 zunächst nach Frankfurt (Oder) und dann nach Berlin, wo er bis heute zu Hause ist.
Insgesamt elf Jahre leitete er die Büros der DDR-Nachrichtenagentur ADN in Prag und in Bonn. Im Auftrag der Agentur berichtete er über politische, sportliche und kulturelle Ereignisse in zahlreichen Ländern dreier Kontinente, begegnete herausragenden Persönlichkeiten wie »Che« Guevara, Salvador Allende, Willy Brandt, Berthold Beitz und Egon Bahr, interviewte in Lateinamerika und Osteuropa führende Staatsmänner, in Deutschland namhafte Künstler, Schriftsteller und Sportler.
In den Monaten der Wende wurden ihm in den kurzlebigen letzten DDR-Regierungen informationspolitische Aufgaben übertragen. Er war in der Regierung Modrow stellvertretender Pressesprecher und danach Abteilungsleiter für Medienpolitik in der Regierung de Maizière.
Als sich der traditionsreiche Verlag Bode 1990 zur Neuherausgabe der »Nachrichten für Grimma« entschloss, wo Ralf Bachmanns journalistischer Weg begonnen hatte, übernahm er die Leitung der Redaktion. Aber die kleine Lokalzeitung war der übermächtigen Konkurrenz der Großverlage Springer und Madsack nicht lange gewachsen, die gemeinsam neue Besitzer der »Leipziger Volkszeitung« geworden waren. Später belieferte Bachmann den in Bonn erscheinenden Artikeldienst Presseplan mit Reportagen vorwiegend über Berlin und die Mark Brandenburg und schrieb viele Jahre heitere Sprachglossen für Zeitschriften. Wiederholt wurden Sprache und Stil seiner Arbeiten gewürdigt, 1986 erhielt er den Journalistenpreis der DDR »für beispielgebende journalistische Leistungen, die in der DDR Maßstäbe setzten«.
Kindheit und Jugend Ralf Bachmanns waren von den Diskriminierungen geprägt, die er als »Halbjude« erlitt. Die Faschisten ermordeten mehrere seiner Angehörigen. Eltern und Bruder überlebten KZ und Zwangsarbeitslager.
1995 erschien seine Autobiografie »Ich bin der Herr«, 2006 »Die Bornsteins. Eine deutsch-jüdische Familiengeschichte«, 2009 »Ich habe alles doppelt gesehen. Erkenntnisse und Einsichten eines Journalisten.« Er ist verheiratet mit der Journalistin Ingeborg Bachmann. Beide haben eine Tochter, einen Sohn und vier erwachsene Enkel.
Rezensionen
Großes Interesse für Lesung mit Wolfgang ThierseZur Berliner Buchvorstellung mit Ralf Bachmann und Wolfgang Thierse am 23. April 2012 in der vorwärts:buchhandlung im Willy-Brandt-Haus:
»Bis auf den letzten Platz gefüllt war die Buchhandlung im Berliner Willy-Brandt-Haus, als Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse am Montag das soeben im Sax-Verlag erschienene neue Buch von Ralf Bachmann ›Sprachbilder und Sprechblasen‹ vorstellte. Es wurde eine vergnügliche Lesestunde. Thierse bezeichnete das Buch als verdienstvoll, weil es in heiterer und doch nachdenklicher Form die Bedeutung der Sprachkultur für die Gesellschaft veranschauliche. Wörtlich sagte Thierse: ›In dem Band von Ralf Bachmann dreht sich alles launig und lehrreich um Sprache und Wörter. Er lässt uns an seinem umfangreichen Erfahrungsschatz, wie selbstverständlich auch aus seinen Zeiten als wichtiger DDR-Journalist, teilhaben. Man wird bestens unterhalten und erfährt auf amüsante Art sogar dann manch Neues, wenn man (wie ich) ein Leben lang selbst mit Sprache zu tun hatte.‹. Der Autor las dann, mehrmals von zustimmendem Lachen und Beifall unterbrochen, aus den Kapiteln über das Sächsische und über Glanz und Elend der Sprachbilder sowie aus der Lektion ›Vorwärts zur Ratatouille‹ im Kapitel ›German for Sie‹. Das anschließende zwanglose Gespräch drehte sich vor allem um den ›Migrationshintergrund‹ von vielen Wörtern, um die phrasenhafte Politikersprache und um die wechselseitige Beeinflussung von Jiddisch und Deutsch.«
Stimmenzum Buch (u.a. von Wolfgang Thierse)
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