Die Gestapo gilt in der Öffentlichkeit immer noch als die allmächtige, allwissende und allgegenwärtige Geheimpolizei des nationalsozialistischen Überwachungsstaates. Auf der Grundlage bisher unbekannten Archivmaterials – vor allem aus dem ehemaligen Stasi-Archiv in Berlin – wird hier erstmals eine Geschichte der Leipziger Gestapo von ihrer Einrichtung im Frühjahr 1933 bis zur Auflösung im April 1945 vorgelegt. Der Autor geht der Frage nach, was das für Menschen waren, die dieses Terrorinstrument des Nationalsozialismus bedienten: »normale Polizeibeamte«, wie sie sich nach Kriegsende selbst darstellten, oder »vertierte SS-Bestien«, zu denen sie eine antifaschistische Staatsideologie im Osten und die feiertägliche Gedenkrhetorik im Westen unisono entpersonalisierten.
Anders als in den meisten Darstellungen zur Gestapo stehen in dieser Studie die Kriegsjahre im Mittelpunkt. Untersucht werden Großaktionen wie die Deportation der Leipziger Juden und die Aussonderung »politisch untragbarer« sowjetischer Kriegsgefangener zur Ermordung im KZ. Intensiv geschildert werden auch die von der Gestapo durchgeführten bzw. initiierten Massenverbrechen in der Kriegsendphase: das Massaker an 52 Gestapohäftlingen in Lindenthal und die Ermordung von Häftlingen eines KZ-Außenlagers in Abtnaundorf. In einem Epilog wird nach dem Umgang mit dem Gedenken an die Opfer und nach dem Schicksal der Täter nach dem Krieg gefragt.